Röntgens Nobelpreis-Urkunde bald Weltkulturerbe?
07/24/2018Das Archiv der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) bewirbt sich mit der Nobelpreis-Urkunde Wilhelm Conrad Röntgens für das renommierte „Memory of the World“-Programm der Unesco.
Die Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft und Kultur (Unesco) hat sich nicht nur dem Schutz historisch und kulturell wertvoller Baumonumente oder einzigartiger Landschaften verpflichtet. Sie fördert mit ihrem Programm „Memory of the World“ auch den Schutz des geistigen Erbes der Menschheit. Das Universitätsarchiv hat sich nun mit der Nobelpreisurkunde Wilhelm Conrad Röntgens aus dem Jahr 1901 um einen Platz in der Reihe dieser bedeutenden Kulturdokumente beworben.
Erster jemals vergebener Nobelpreis
Röntgen ist mit der Entdeckung der Strahlen, die seit über hundert Jahren bedeutende Erkenntnisse in der Forschung hervorbringen, weltweit ein Begriff. Weniger bekannt ist hingegen, dass der Würzburger Wissenschaftler damit den ersten jemals verliehenen Nobelpreis für sich beanspruchen konnte.
Bisher schlummert die Originalurkunde in einem klimatisierten Schließfach des JMU-Archivs, unter strenger Beobachtung der dortigen Experten. Das teilvergoldete Dokument wurde von der schwedischen Künstlerin Sofia Gisberg von Hand gefertigt und stammt aus dem persönlichen Nachlass Röntgens, den dieser der Universität Würzburg vermachte. Auf dem doppelseitigen Pergament stechen, neben dem Goldrand, das Wappen des schwedischen Könighauses und die bildliche Darstellung eines Versuchsaufbaus von Röntgen hervor.
Da das Pergament bereits leicht aufwölbt, soll die Urkunde in den nächsten Jahren restauriert werden. 2020 jährt sich die Entdeckung zum 125. Mal, weswegen unter anderem in Würzburg verschiedene Veranstaltungen die „X-Strahlen“ und den Forscher in den Fokus nehmen. Bis dahin sollen auch hochwertige Nachbildungen der Urkunde entstehen, unter anderem eine für das Museum in Röntgens Geburtsort Remscheid.
Zwischen Benz, Gutenberg und Beethoven
Aktuell berät die nationale Unesco-Kommission über den Antrag der JMU. Sollte sie positiv entscheiden, folgt im Herbst die Entscheidung durch die Unesco-Leitung. „Aufgrund ihrer weltweiten Bedeutung, ihrer Einzigartigkeit und nachweislichen Authentizität sowie ihres kulturhistorischen Wertes erfüllt die Urkunde sämtliche erforderlichen Kriterien für eine Nominierung, weshalb die Chancen für eine Aufnahme gut stehen müssten“, sagt Mareile Mansky vom Uniarchiv.
Deutschland ist bisher mit 24 Dokumenten im „Memory oft he World“-Programm vertreten. Darunter sind die Gutenberg-Bibel, die Goldene Bulle (Gesetzes-Dokument aus dem Heiligen Römischen Reich), Beethovens Neunte Sinfonie, Goethes Literarischer Nachlass, die Himmelsscheibe von Nebra und das Benz-Patent zum „Motorwagen No.1“ von 1886.
Die deutschen Beiträge umfassen dabei nur einen Bruchteil des Gesamtregisters, welcher eine bunte Vielfalt bedeutender Dokumente umfasst: vom Book of Kells (Buchmalerei aus dem achten oder neunten Jahrhundert Irlands) über die Tagebücher der Anne Frank und die Skizzen Isaac Newtons zur Gravitationstheorie bis hin zur britischen Magna Carta von 1215.
Ziel des Programms ist es, weltweit das Bewusstsein über die Existenz und die Bedeutung des Dokumentenerbes zu erhöhen. Ein Eintrag in das Weltregister ist eine einmalige internationale Ehrung und Auszeichnung. Jährlich können Anträge eingereicht werden, aus diesen werden von der Deutschen Kommission zwei Anträge ausgewählt, welche sich dann im Zweijahres-Turnus um die Aufnahme in das Register bewerben dürfen.
Nobel und Röntgen: gemeinsam am Gemeinwohl interessiert
Der schwedische Erfinder und Industrielle Alfred Nobel (1833—1896) legte testamentarisch die Verwendung seines Vermögens zugunsten einer Stiftung fest, deren Zinsen zu gleichen Teilen in Ehrungen auf den Gebieten der Physik, Chemie, Physiologie oder Medizin, Literatur und für Friedensbemühungen fließen sollten. Er folgte damit nicht nur seiner eigenen Überzeugung, sondern auch einem der Wissenschaft zugewandten Zeitgeist, der Entdeckern und Erfindern den Boden bereitete und einen Aufschwung der natur- und humanwissenschaftlichen Forschungen ermöglichte.
Vier Jahre nach Nobels Tod wurde die Nobelstiftung am 29. Januar 1900 gegründet. Die ersten Preise konnten 1901 verliehen werden und bis heute gilt der Nobelpreis als höchste Auszeichnung in den berücksichtigten Disziplinen.
Röntgen selbst repräsentiert den Geist des Nobelpreises in beeindruckender Weis: Er hat ausdrücklich zum Wohle der Menschheit auf eine Patentierung und finanzielle Ausbeutung seiner Entdeckung verzichtet und somit die rasante Verbreitung und Nutzbarmachung von Grundlagenforschung in der Anwendung ermöglicht.
Die Bewerbung läuft – was kommt danach?
Mit einer Aufnahme in das Register würde sich die Universität dazu verpflichten, für den Erhalt der Urkunde zu sorgen und entsprechende restaurative und konservatorische Maßnahmen zu ergreifen, um einen dauerhaft guten Zustand des Dokuments zu gewährleisten. Die Bewerbung im Nominierungsverfahren wurde im Mai 2018 eingereicht, der Antrag auf Eintragung in das Register erfolgt bei positiver Bewertung im Herbst 2018.
Kontakt
Universitätsarchiv, T.: +49 931 31-86032, E-Mail: uniarchiv@uni-wuerzburg.de
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