Hardware - unsere Beteiligung
Myon-Spektrometer
Das Myon-Spektrometer befindet sich im äußersten Bereich des ATLAS-Detektors. Dort sind 400000 Driftrohre in 1200 Präzisionskammern installiert, wobei zur Spurrekonstruktion im Magnetfeld eine Positionierung auf 50 Mikrometer genau erforderlich ist. Zur Überprüfung und Optimierung der "Performance" des Myon-Spektrometers wird eine Reihe von Tests durchgeführt. Hierbei wird aktuell vor allem die Qualität der Spurrekonstruktion überprüft und verbessert.
Um für die zukünftig noch höheren Luminositäten des LHC gerüstet zu sein, wurden Teile des Spektrometers im Zuge eines Upgrades ausgetauscht. Die Würzburger Arbeitsgruppe hat hierbei am New Small Wheel mitgearbeitet und war an der Vorbereitung, Entwicklung und Produktion beteiligt. Seit April 2022 werden Myonen mit dem New Small Wheel am ATLAS Detektor detektiert auch dank Forschenden aus Würzburg.
Wir tragen weiterhin zum Ausbau des ATLAS-Detektors bei und sind im Phase-2-Upgrade des Detektors involviert. Dessen Ziel ist es, den Detektor auf das bevorstehende High-Luminosity-Upgrade des LHC vorzubereiten, welches zwischen 2026 und 2028 stattfinden wird. Wir sind an der Entwicklung und dem Test neuer Front-End-Elektronikkarten des Datenauslesesystems der Monitored Drift Tubes (MDT) des Myonenspektrometers beteiligt. Hierfür haben wir ein Hardware-Tester-Tool entwickelt, um die Leistung und Qualität von Prototypen der neuen Karten zu untersuchen, was dazu beigetragen hat, deren endgültiges Design und Eigenschaften zu verbessern. In Zusammenarbeit mit einer selbstentwickelten Software wird das Tool bei der Herstellung der neuen Karten (ca. 19.000 Stück) zum Einsatz kommen und so die Qualität während des gesamten Produktionsvorganges gewährleisten.
Datenanalyse - Wichtige Forschungsfragen
Masse des W-Bosons
Die Masse des W-Bosons kann entweder direkt gemessen oder aus anderen Messgrößen vorhergesagt werden. Da letztere Methode zur Zeit genauer ist, wird eine präzise direkte Messung und deren Vergleich mit den Vorhersagen, die auf dem Standardmodell beruhen, das Standardmodell genauer testen. Eine Schwierigkeit bei der Messung ist, dass auf ein im Zerfallsprozess auftretendes Neutrino nur indirekt aus allen im Detektor gemessenen Teilchen geschlossen werden kann.
Die hierbei benötigte Genauigkeit im Promillebereich zu erhalten ist eine große Herausforderung, an der wir aktiv in Würzburg mitarbeiten.
Top-Quark
Ebenfalls um Genauigkeit geht es bei der Betrachtung von Prozessen unter Beteiligung von Top-Quarks. Dieses ist das schwerste bekannte subatomare Teilchen und wird anhand seiner Zerfallsprodukte analysiert. Top-Quarks können in Paaren, einzeln oder sogar zu dritt oder viert auftreten. Die Endzustände aus dem Zerfall können auch von anderen Teilchen begleitet werden, z.B. vom Bottom-Quark oder von Leptonen. Ziel dieser Analyse ist es, die starke Kopplung des Top-Quarks zum Higgs-Boson besser zu verstehen und nach möglichen schwereren Teilchen zu suchen, die in Top-Quarks zerfallen könnten. Würden die Top-Quarks aus dem Zerfall von schwereren Teilchen stammen, würden sich ihre Energie- und Impulsverteilungen von denen unterscheiden, die das Standardmodell vorhersagt und somit ein Hinweis für die Existenz von Physik jenseits des Standardmodells sein.
Eichbosonen
Eine der Aufgaben des ATLAS-Experiments ist die experimentelle Überprüfung der elektroschwachen Eichtheorie des Standarmodells. Dabei werden Streuprozesse zischen den elektroschwachen Vektorbossonen (W, Z und Photon) untersucht, das sogenannte Vector Boson Scattering (VBS). Diese Streuung der Vektorbosonen spielt insbesondere bei den Vorhersagen der Selbstwechselwirkung (gauge coupling) der Vektorbosonen eine wichtige Rolle. Treffen zwei Protonen aufeinander, können sie je ein Eichboson abstrahlen, die miteinander wechselwirken und dabei zwei neue Eichbosonen produzieren. Dieser Prozess ist hervorragend geeignet, um die Selbstkopplung zwischen vier Eichbosonen zu untersuchen.
In Würzburg untersuchen wir einen Prozess mit zwei Jets sowie einem W-Boson und einem Photon. Dieser Prozess ist vom Standmodell vorhergesagt, aber experimentell noch nicht genau genug untersucht worden. Falls wir für diesen Prozess Abweichungen zur Vorhersage finden würden, wäre es eine indirekte Messung von Physik jenseits des Standardmodells.