Lange Nacht der Astronomie 2024: Aktive Galaxienkerne, Quasare und relativistische Jets
25.10.2024Am Samstag, 19. Oktober 2024, lud der Lehrstuhl für Astronomie der Julius-Maximilians-Universität (JMU) Würzburg von 17 bis 21 Uhr alle Interessierten auf den Campus Nord ein. Die Veranstaltung fand als Satelliten-Event der von der Astronomischen Gesellschaft ausgerufenen, bundesweiten "Langen Nacht der Astronomie" statt. Mit Vorträgen und in persönlichen Gesprächen erklärte das Lehrstuhlteam seine Arbeit rund um aktive Galaxienkerne, Quasare und relativistische Jets.
Diese extragalaktischen Objekte werden an der JMU vor allem anhand ihrer Radio- und Gamma-Strahlung erforscht, aber auch anhand ihrer mutmaßlichen Neutrino-Emission. Ziel der Veranstaltung war es, den über 100 Gästen aus der interessierten Öffentlichkeit Informationsangebote und die Möglichkeit Fragen über Astronomie und Astrophysik zu geben.
Das Programm dauerte von 17 bis nach 21 Uhr und fand im Hörsaal der Graduate School of Life Sciences und dessen Foyer statt.
Im Hörsaal zeigte das Lehrstuhlteam zunächst einen selber gedrehten Film der einen kommentierten Rundgang durchs Radioteleskop Effelsberg gibt. Dieses 100-m-Teleskop in Nordrhein-Westfalen wird auch von JMU-Wissenschftlerinnen und -Wissenschaftlern genutzt um aktive Galaxienkerne zu studieren. Nach der Filmvorführung hielt Prof. Karl Mannheim einen Übersichtsvortrag über Astrophysik und die Forschungsgebiete seines Lehrstuhls. Danach bestand die Möglichkeit zum Fragenstellen. Im Anschluss hielt Prof. Matthias Kadler einen Vortrag über Radioastronomie und Würzburger Beteiligung daran. Auch danach bestand die Möglichkeit zum Q&A. In beiden Fällen waren rund 80 Gäste mit viel Interesse und Ausdauer im Hörsaal, und jeweils gab es zahlreiche Fragen von den Besucherinnen und Besuchern. Im Anschluss wurde ein Livestream aus dem Zeiss-Großplanetarium Berlin gezeigt, der zu verschiedenen astronomischen Einrichtungen, Observatorien und Forschungsinstituten schaltete und Expertinnen und Experten aus ganz Deutschland zu Wort kommen ließ.
Im Foyer konnten Gäste mehrere Stände mit Exponaten und Mitmach-Angeboten erkunden:
Ein Stand bot die Möglichkeit ein akkretierendes schwarzes Loch in virtueller Realität (VR) zu begehen. Die Software hat Annika Kreikenbohm, eine frühere Mitarbeiterin des Lehrstuhls für Astronomie, jetzt Mitarbeiterin am WueDive der JMU programmiert. Anhand dieser VR-Simulation konnten Besucherinnen und Besucher gut und ungezwungen ins Gespräch mit dem Lehrstuhlteam kommen. Für viele Leute, auch Kinder, stellt VR eine Faszination dar, daher war dieser Stand durchgehend sehr gut besucht.
Anhand einer weiteren VR-Anwendung konnten Gäste den irdischen Nachthimmel an verschiedenen Orten der Erde betrachten und dadurch das Problem Lichtverschmutzung erkennen. Menschengemachte, künstliche Beleuchtung stellt nicht nur für Tiere ein großes Problem dar, sondern ist auch für Astronomen ein immer größer werdendes Hindernis bei der Beobachtung lichtschwacher Objekte. An nahezu allen Orten der Bundesrepublik ist unerwünschtes Streulicht vorhanden, sodass professionelle Observatorien heutzutage vorzugsweise in entlegenen Wüsten oder auf Berggipfeln gebaut werden. Die verschiedenen Erscheinungsformen des Nachthimmels in Abhängigkeit des Grads der Lichtverschmutzung konnten die Gäste anschaulich in einer VR-Anwendung erleben, die eine Datenwissenschaftlerin in enger Zusammenarbeit mit dem Astronomie-Lehrstuhl entwickelt hat. Auch dieser Stand war sehr gut besucht.
Ein weiterer Stand bot ein Radiointerferometrie-Spiel an. Auf einer Weltkarte konnten die Gäste Mini-Teleskope platzieren, um das Event Horizon Teleskop (EHT) nachzubauen. Mit einem Tablet kann man die Teleskop-Anordnung auf der Erdoberfläche einscannen und das synthetische Bild von M87*, dem schwarzen Loch im Zentrum der Galaxie Messier 87, berechnen lassen und mit dem tatsächlich 2019 vom EHT erzielten Bild vergleichen. Dieses Spiel hat Florian Eppel, ein Mitarbeiter des Lehrstuhls, entworfen und realisiert.
Ein weiterer, kleiner Stand veranschaulichte einen Gravitationspotenzial-Trog. In einen Tisch ist eine elastische Gummihaut mit aufgezeichnetem Koordinatensystem eingespannt. Legt man unterschiedlich schwere Kugeln hinein, bildet sich ein Trog unterschiedlicher Tiefe. Darin kann man weitere Kugeln rollen lassen. Dies simuliert die Bewegung von Himmelskörpern unter Einfluss der Gravitationskraft. Diesen Potenzialtrog-Tisch haben frühere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Astro-Lehrstuhls gebaut. Auch dieses Spiel ist für jüngere Gäste geeignet und bietet einen leichten Einstieg in Gespräche und wissenschaftliche Diskussionen.
Einen weiteren Stand stellte die Firma mtex antenna technology GmbH, mit der der Lehrstuhl für Astronomie zusammenarbeitet. Dort wurden einige Bauteile von ngVLA-Teleskopen gezeigt, zum Beispiel ein Paneel des Reflektors, oder verschiedene Rohrprototypen der Backup-Struktur der Antennen. Auch wurde ein 3D-gedrucktes Modell einer ngVLA-Schüssel gezeigt, sowie ein Film mit Eindrücken vom Herstellungsprozess und Bau des Teleskop-Prototypen. Das ngVLA (Next Generation Very Large Array) ist eine Anordnung vernetzter Radioteleskope, die in den 2030er-Jahren in Betrieb gehen und der internationalen Forschungscommunity noch bessere Erkenntnisse über das Universum liefern soll.
Der Lehrstuhl für Astronomie bedankt sich bei der Astronomischen Gesellschaft für finanzielle Förderung der Veranstaltung, bei allen Helferinnen und Helfern für die Durchführung der Veranstaltung sowie bei allen Gästen für das entgegengebrachte Interesse!
Fotos: Jompoj Wongphechauxsorn, Xaver Sobtzick, Luca Ricci & Karl Mannheim (Uni Würzburg)